Interview de Jean Asselborn avec le Tageblatt

"Wir müssen solidarisch mit Frankreich sein"

Interview: Tageblatt

Tageblatt: Überrascht Sie der Terroranschlag des IS in Paris?

Jean Asselborn: Ich bin am Donnerstag vom Afrika-Gipfel abgereist. Frankreichs Präsident François Hollande hat mich für den Heimflug zu sich ins Flugzeug eingeladen. Wir sprachen unter anderem über den Anschlag im Libanon, der 43 Menschenleben kostete und vom IS verübt wurde. Der Präsident sagte zu mir: "Es gibt keine Garantie dafür, dass so etwas nicht noch einmal passiert. So etwas kann auch in Europa passieren."

Tageblatt: Welche Dimension hat der Anschlag Ihrer Meinung nach?

Jean Asselborn: Ich dachte, nach den Anschlägen auf Charlie Hebdo, dass es nicht schlimmer geht. Am Wochenende stellte sich leider das Gegenteil heraus. Wir werden heute beim Rat für Auswärtige Angelegenheiten im Detail über Syrien und Libyen diskutieren. Dies in Anwesenheit des UN-Sondergesandten Staffan De Mistura.

Tageblatt: Ist die Reaktion Frankreichs angemessen?

Jean Asselborn: Man muss die Antwort Frankreichs respektieren. Es handelt sich tatsächlich um einen Kriegsakt, weil strukturiert vorgegangen wurde. Wir müssen solidarisch mit Frankreich sein. Es müssen die nötigen Schlussfolgerungen gezogen werden. Auch die Zusammenarbeit der Sicherheits- und Geheimdienste muss stärker koordiniert werden. Es darf keine Konkurrenzsituation zwischen einigen Ländern entstehen.

Tageblatt: Haben Sie trotz Ihrer verständnisvollen Haltung keinerlei Bedenken?

Jean Asselborn: Wir dürfen selbstverständlich nicht 'In einen "Global War on Terror" zurückfallen. Die USA sind bereits 2003 mit dem globalen Krieg gegen den Terror gescheitert.

Tageblatt: Welche Alternative schlagen Sie vor?

Jean Asselborn: Ich habe mich mit einer Vielzahl von Experten und Diplomaten unterhalten. Es gibt einen großen gemeinsamen Feind, den es zu bekämpfen gilt: "Daech" (von der französischen Regierung verwendeter Begriff für die Terrormiliz Islamischer Staat "IS"). Die Radikalisierung der ohnehin existierenden Barbarei von Daech muss gestoppt werden. Wir müssen uns auf diese Terrorgruppe konzentrieren.

Tageblatt: Europäische Rechtspopulisten instrumentallsieren die Attentate bereits, um Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen. Eine doppelte Tragödie?

Jean Asselborn: Ich muss Folgendes in meiner Funktion als Präsident des Rats für Justiz und Inneres sagen: Es darf nicht zu einer Vermischung der Flüchtlings- und Terrordebatte kommen. Es darf selbstverständlich nicht ignoriert werden, was in Paris passiert ist. Allerdings dürfen keine Pauschalurteile über Flüchtlinge gefällt werden. Die Lösung liegt nicht darin, die Grenzen für alle Flüchtlinge zu schließen. 

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