Interview de Jean Asselborn avec le Luxemburger Wort

"Die deutsche Wiedervereinigung war ein Geschenk der Geschichte"

Interview: Luxemburger Wort (Dani Schumacher)

Luxemburger Wort: Worin lag für Europa die Bedeutung der deutschen Wiedervereinigung?

Jean Asselborn: Die deutsche Wiedervereinigung war ein Geschenk der Geschichte. Damals kamen eine Reihe von Aspekten zusammen und obwohl der Zusammenbruch der Sowjetunion dadurch absehbar war, war Michael Gorbatschow weitsichtig genug, den historischen Ereignissen ihren Lauf zu lassen. Die Wiedervereinigung hatte einen positiven Einfluss auf ganz Europa, weil damit endlich ein Schlussstrich unter den Zweiten Weltkrieg gezogen werden konnte. Nur so konnten die Länder aus dem Osten von Europa sich den westlichen Ländern annähern, nur so erhielten die Menschen in den beiden Teilen Europas die gleichen Chancen. Ohne den Mauerfall, ohne die Überwindung der Grenzen würde Europa heute völlig anders aussehen. Wir müssen uns aber bewusst sein, dass die europäische Idee und die Demokratie kein Automatismus sind. Es reicht nicht aus, die europäischen Werte in Sonntagsreden hochzuhalten. Wir müssen sie konstant verteidigen, wir müssen darüber wachen, dass sie tagtäglich in der Praxis angewandt werden. Angesichts der aktuellen Flüchtlingskrise ist dies wichtiger als je zuvor.

Luxemburger Wort: Hatte die Wiedervereinigung auch einen Einfluss auf Luxemburg? Hat sich unser Verhältnis zu unserem Nachbarland dadurch verändert?

Jean Asselborn: Man kann die Situation in Luxemburg nicht losgelöst vom gesamteuropäischen Kontext betrachten. Wie alle anderen europäischen Länder auch hat Luxemburg politisch, wirtschaftlich und kulturell von der deutschen Wiedervereinigung profitiert. Durch die Einigung haben sich auch für uns neue Perspektiven aufgetan.

Luxemburger Wort: Wie haben Sie persönlich den Fall der Mauer, bzw. die Wiedervereinigung erlebt?

Jean Asselborn: Auch wenn der 3. Oktober als offizielles Datum für die deutsche Wiedervereinigung gilt, so bleibt mir doch der Mauerfall als markantestes Ereignis auf dem Weg zur Einigung im Gedächtnis. Ich war damals in meiner Funktion als LSAP-Fraktionsvorsitzender zusammen mit einigen anderen Abgeordneten bei einem Treffen mit dem luxemburgischen Botschafter in Brüssel. Wir haben alle zusammen die Ereignisse in Berlin am Fernseher verfolgt. Es waren Stunden, die man nie wieder erleben wird. Was ich allerdings am 3. Oktober 1990, als die Einigung rechtskräftig wurde, getan habe, weiß ich heute nicht mehr. 

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